Eva-Maria im Juli 2006


Darf ich mich vorstellen?
Ich heiße
Eva-Maria


Geboren bin ich am 28. September 1989
um 11.16 Uhr morgens

Mein Sternzeichen ist die

 

Ich bin 21 Jahre alt


 


Was an mir besonders ist? 

Ich bin behindert, geistig behindert.
Im Ärztedeutsch heißt das mentale Retardierung.
Meine Mama möchte hier die Entwicklung ihres behinderten Kindes darzustellen
und anderen Eltern Mut machen, die sich vielleicht gerade in einer Lebensphase befinden,
die meine Eltern bereits mit Erfolg gemeistert haben.  Meine Mama findet, dass ich wert bin,
auf ihrer Webseite vorgestellt zu werden, weil ich ein ganz besonderer und liebenswerter Mensch bin.

Mein Name
Eva heiße ich, weil ich das erste Mädchen in der Familie bin.
Ich habe nämlich noch drei (Halb-) Brüder und auch unser Hund und unser Kater sind männlich.
Maria heiße ich, weil meine Oma so hieß und meiner Mama der Name immer so gut gefiel.
Außerdem halten meine Eltern nichts von neumodischen Namen. Mama sagt, die alten Namen sind immer modern. Mama war auch sehr froh, als sie endlich weibliche Verstärkung für ihren Männerhaushalt bekam. Mehr über meine Familie erzähle ich noch. Doch lasst mich zunächst von mir erzählen...

Meine Geburt
Das bin ich, einige Tage nach meiner Geburt.

<Foto kommt noch>

Ich hatte während meiner Geburt einen Sauerstoffmangel  Deshalb musste ich die ersten drei Wochen meines Lebens in einem Inkubator verbringen, so heißen diese gläsernen Kästen.  In der Umgangssprache sagt man dazu auch "Brutkasten".  Dorthin kommen Babys, denen es nach der Geburt nicht gut geht oder die zu früh zur Welt kommen.

Der Anfang
Bei meiner Geburt wog ich 3600 g, war 51 cm groß und hatte einen Kopfumfang von 36 cm. 
Die Schwangerschaft verlief unkompliziert, ich kam zwei Tage vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt.  Weil zufällig eine Gruppe Lernschwestern mit ihrer Lehrerin die Entbindungsstation besichtigten, hat meine Mama sogar erlaubt, dass diese zum ersten Mal miterleben durften, wie ein Baby (ich) zur Welt kommt. Jeder muss ja schließlich mal lernen, meinte Mama und sie wusste ja, wie so eine Entbindung abläuft, hat alles ganz locker gesehen und war gleich einverstanden als man sie fragte. Mein Papa, der bei meiner Geburt dabei war, auch. Aber der hatte eh nur Augen für meine Mama und für mich.

Mama hatte mit mir eine unkomplizierte Entbindung.  Es dauerte gerade mal drei Stunden, bis ich meinen ersten Schrei tat. Trotzdem war bei mir alles anders als bei meinem Bruder sagt Mama.  Ich wäre irgendwie schlapp gewesen.  Der Arzt meinte nur, ich wäre noch etwas schwach und man legte mich erst eine Weile unter die Wärmeglocke bis ich dann auf Mamas Bauch durfte. Dort stellte meine Mutter fest, dass ich ziemlich apathisch war und auch mein linkes Händchen zitterte ein wenig.  Papa sagte später, man hätte bei meiner Geburt "geschlampt" und hätte sich besser um meine Mama und später mich kümmern müssen.  Dann hätte man auch rechtzeitig bemerkt, dass mit mir etwas nicht in Ordnung war und mich nicht erst eine Nacht später in die Kinderklinik gebracht. Aber das sagt sich so leicht. Meine Mama jedenfalls meint, man müsse das Beste daraus machen und es hätte keinen Sinn, ständig nach Schuld und Ursache zu forschen, weil es nur noch mehr Bauchgrimmen verursacht und sie alle ihre Kräfte für Wichtigeres, nämlich mich, bräuchte.

In der Nacht nach meiner Geburt brachte man mich von der Neugeborenenstation in die Kinderklinik, weil ich Atemnot bekommen hatte ("blau" angelaufen bin).  Davon hat man meiner Mama allerdings erst erzählt, als am nächsten Morgen den Müttern die Babys ans Bett gebracht wurden und sie sich wunderte, warum ich nicht dabei war.  Sie hat sich damals ziemlich geärgert, weil die Schwestern erst auf IHRE Frage, wo denn IHR Baby sei, antworteten, dass ich nicht mehr auf der Station lag, sondern in die Kinderklinik verlegt wurde.  Das war schon ein großer Schock fürs Erste. Weil im ersten Moment auch niemand gefunden wurde, der genau sagen konnte, warum ich nicht mehr da war.  Das Wort "Sauerstoffmangel"  fiel zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das erfuhren meine Eltern erst einige Tage später, als sich endlich ein Arzt fand, der Zeit hatte zu erklären was mir fehlte.  Mein Papa hat meine Mama dann nach zwei Tagen aus der Klinik nachhause geholt, weil es sie noch unglücklicher gemacht hatte, all die stolzen Mütter mit ihren Babys um sie herum zu sehen.   Meine Mama war dann auch sehr traurig, weil es gerade bei mir mit dem Stillen nicht geklappt hat, aber daran war wohl die ganze Aufregung schuld.  Meine Eltern haben mich jeden Tag besucht. Meine Mama hasst Halbwahrheiten und die ausweichenden Antworten der Ärzte haben sie zunächst mehr geärgert als die Tatsache sie belastet hat, dass ich krank war.  Meine Eltern hatten ständig das Gefühl, als würde man ihnen aus dem Weg gehen.  Aber endlich war es dann heraus und so steht es auch in meinem Geburtspass: ich hatte Neugeborenenkrämpfe, eine Cerebralparese, ein mittelgradiges Hirnödem, Neugeboreneninfektionen und einige Sachen mehr. Man sagte meinen Eltern dann, dass nicht absehbar wäre wie ich mich entwickeln würde, aber dass ich mich voraussichtlich (!) langsamer entwickeln würde als andere Kinder und man erst mal abwarten müsse, weil Sauerstoffmangel auf sich auf verschiedene Weise auswirken könne. Man wollte meine Eltern wohl nicht belasten, denn denn was in den folgenden Jahren auf sie zukam, war schon eine ganze Menge. Letztendlich stellte sich heraus, dass bei mir u.a. das Sprachzentrum den größten Schaden genommen hat.  Aber eines nach dem anderen...

Meine Mama und mein Papa waren sehr, sehr traurig als ihnen klar wurde, dass ich behindert bin und es war ihnen bewusst, dass ich besonders viel Zuwendung und Förderung in den kommenden Jahren brauchen würde. Das geht wohl allen Eltern so, die ein behindertes Kind bekommen.  Die Diagnose "behindert" schlägt immer ein wie ein Blitz aus heiterem Himmel, egal ob bei der Geburt, nach einer Krankheit oder einem Unfall.  Das Schlimmste für meine Eltern war die Ungewissheit, wie sich meine Behinderung auswirken würde und wie hilflos ich bleiben würde und ob überhaupt.  Aber meine Mama und mein Papa haben dann fest zusammengehalten und sich gesagt, dass sie es schon irgendwie schaffen würden, gemeinsam, die schwere Verantwortung zu meistern.  Das ist nicht so selbstverständlich.  Es gibt Ehen, die zerbrechen, weil viele Eltern mit den Aufgaben, die auf sie zukommen, überfordert sind. Ich hatte jedenfalls Glück mit meinen Eltern und meine Mama sagt, sie auch mit mir.  Warum das so ist, werde ich später erzählen.

 Viele Jahre lang war meine Mama oft verzweifelt, weil ich so ein "schwieriges" Baby war. Ich habe nämlich sehr viel, stunden- und nächtelang geweint, um nicht zu sagen gebrüllt und war zudem außerordentlich lärmempfindlich (das bin ich heute noch), was auf viel Unverständnis stieß im Bekanntenkreis meiner Eltern.  Viele Besucher waren der Meinung, man müsse nicht auf Samtpfoten durchs Haus laufen, wenn ein Kind schläft oder müsse mich auch mal schreien lassen.  Das haben meine Eltern NIE zugelassen, haben mich immer liebevoll in den Arm genommen wenn ich wieder einen Schreianfall hatte, egal zu welcher Tageszeit.  Es war wirklich so, dass ich im Schlaf beim kleinsten Geräusch sofort losbrüllte.  In einem lebhaften Haus wie unserem, wo ständig Freunde meiner Brüder, Kunden und Besucher anläuten, ein sehr schwieriges Unterfangen.  Meine Mama meinte immer, ich müsste doch irgendwann merken, wie lieb mich alle hätten und Vertrauen gewinnen, dass mich niemand im Stich ließe.  Es war für meine Eltern schwierig, die Balance zu finden - mich einerseits nicht zu sehr zu verwöhnen und andererseits die Aufmerksamkeit zu geben, die ich brauchte, mehr als ein gesundes Kind.  Meine Stimmbänder jedenfalls waren ausgeprägt kräftig entwickelt. Mama hat das oft belastet, wenn sie mit mir unterwegs war.  Das Spazieren fahren im Kinder- und später im Sportwagen war oft der reinste Spießrutenlauf   Manchmal hat man uns in Wartezimmern Vorrang gelassen, weil ich so unruhig war und man mich nicht mehr hören konnte später, als Kleinkind, auch keiner Erklärung oder Ablenkung zugängig.  Das kann nur verstehen wer selbst ein hyperaktives Kind hat.  Weil ich nachts so oft geschrieen habe, hatten Mama und Papa sehr wenig Schlaf.  Das ist ja eigentlich normal, wenn man kleine Kinder hat.  Doch ich habe wirklich jahrelang (!) sehr, sehr wenig geschlafen, bin oft nach einer Stunde Schlaf schon wieder wach gewesen. Oft hat mein Papa mich nachts beruhigt, gewickelt und umher getragen, wenn ich wieder einen Schreianfall hatte.  Das machen nicht alle Väter so geduldig wie meiner.  Meine Mama sagt ich hätte, bis ich 6 Jahre alt war, keine Nacht länger als 3 Stunden am Stück geschlafen, manchmal noch weniger.  Das lag u.a. auch an den Tabletten (Luminal), die ich seit meiner Geburt einnehmen musste, denn ich hatte nach der Geburt Krämpfe, die mit den Tabletten zum Stillstand gebracht wurden, die mich aber insgesamt unruhiger machten. Später, als ich etwa 3 Jahre alt war, bekam ich dann so genannte "atypische Absencen", d.h. ich hielt mitten in der Bewegung inne, blieb - oft nur ein paar Sekunden - regungslos (starr) stehen und war für kurze Zeit nicht ansprechbar.  Von da an musste ich regelmäßig alle drei Monate zur Untersuchung in die Klinik und wurde auf ein anderes Medikament "eingestellt" (Petnidan Saft), das ich bis zu meinem 10. Lebensjahr konsequent einnehmen musste. Mama machte sich viele Sorgen, ob sich diese leichte Epilepsie später nicht in schwere Anfälle auswirken könnte.  In der Kinderklinik wurde ich regelmäßig untersucht und mir wurde auf meinem Kopf so eine komische Mütze mit vielen bunten Stöpseln daran aufgesetzt.  So etwas nennt man EEG.  Damit wurden meine Gehirnströme gemessen, denn ich hatte ja ein Anfallsleiden und meine Mama war sehr besorgt deswegen. Sie hatte immer alle Hände voll zu tun um mich abzulenken und zu beruhigen, damit ich während dieser 15 Minuten ruhig lag, das gefiel mir nämlich ganz und gar nicht.  Mama war schon ziemlich fertig mit ihren Nerven in dieser Zeit.  Meine beiden älteren Brüder wurden nämlich gerade eingeschult als ich ein Jahr alt wurde und meine Eltern wussten in dieser Zeit oft nicht, um wen sie sich zuerst kümmern sollten, aber dazu vielleicht später mehr.  Seit ich 10 Jahre alt bin, brauche ich nun kein Medikament mehr, weil seitdem mein EEG unauffällig ist.  Darüber ist meine Mama sehr froh.  Sie muss mich aber weiterhin beobachten, weil man ihr sagte, dass eventuell während meiner Pubertät oder seelischen Belastungen ein Rückfall eintreten könne.

Meine Behinderung
wird offiziell beschrieben als "Entwicklungsverzögerung infolge Sauerstoffmangels" bei der Geburt.  Natürlich gibt es weitere, medizinische, Bezeichnungen für alles, was ich hatte und noch habe.  Es hat viele Jahre gedauert bis ich Dinge konnte, die andere Kinder im Handumdrehen lernen. Für meine Familie war deshalb jeder noch so kleine Schritt nach vorn etwas ganz Besonderes und bedurfte sehr vieler Übungen:  das selbständige Essen, Treppensteigen, An- und Ausziehen, Knöpfe und Reißverschlüsse öffnen. Dass ich bei meiner Einschulung eine Schleife ganz alleine binden konnte, darauf war ich sehr stolz. Solche Dinge haben u.a. meine Heilerzieherinnen im Kindergarten geduldig und spielerisch mit uns täglich geübt. Ich habe vieles sehr, sehr viel später begriffen und gelernt als ein gesundes Kind in meinem Alter.  Mama wurde oft schief angesehen, wenn sie mit mir unterwegs war.  Meine Behinderung sieht man ja nicht auf den ersten Blick, auch wenn ich als Baby schon sehr komisch aussah...ich schielte sehr stark, konnte meinen Speichel nicht kontrollieren und meine Bewegungen waren oft unkoordiniert. Meine ersten richtigen Gehversuche unternahm ich mit drei Jahren, Windeln brauchte ich sogar noch als ich schon zur Schule ging und nachts nässte ich noch lange nach Schulbeginn ein.  Körperlich ist mir heute nicht mehr anzusehen, dass in meinen ersten Lebensjahren die Chancen, jemals unbeschwert laufen und springen zu können, sehr schlecht standen.  Geistig werde ich wohl ein Leben lang Kind bleiben.  Dennoch bin ich der beste Beweis dafür, dass die Diagnose "geistige Behinderung" kein endgültiges Urteil darstellt, denn noch immer mache ich Schritte nach VORN, was nicht zuletzt daran liegt, dass ich GELIEBT und AKZEPTIERT werde, wie ich bin.

Entwicklung
Wer mich heute kennen lernt, kann sich nicht vorstellen, welch schwierige Zeiten meine Eltern wegen und mit mir erlebt haben.  Meine Mama sagt manchmal, meine ersten sechs Lebensjahre hätten sie die Hälfte ihres Lebens gekostet.  Fast jeden Tag hatte sie mit mir Termine, oft mehrmals täglich - Krankengymnastik in der Praxis und zuhause, Frühförderung, therapeutisches Schwimmen, Untersuchungen bei Ärzten.  Fast täglich standen irgendwelche Therapien, Untersuchungen oder Arztbesuche auf der Tagesordnung, eine Schielbehandlung und Untersuchungen in der Kopfklinik Erlangen. Meine Eltern waren mit mir auch im Kinderzentrum München, um mich dort untersuchen zu lassen. Sie wollten nichts unversucht lassen mir die bestmöglichste Behandlung und Förderung zu geben. Meine Mama musste, bis ich in den Kindergarten kam, zuhause krankengymnastische Übungen mit mir machen, was ganz schön viel Muskelkraft beanspruchte - und Nerven, denn ich habe bei den Übungen natürlich oft geweint, aber Mama musste mir ja "weh tun", damit diese Übungen erfolgreich waren.  Meine Krankengymnastin, Frau Haufe, jedenfalls war später richtig stolz als sie sah, was aus mir geworden ist. Sie sagte einmal, ich wäre ihr 'Vorzeigekind'.  Denn es sah anfangs gar nicht gut mit mir aus. Ich hatte eine halbseitige spastische Lähmung und meine Eltern hatten lange Zeit Sorge, ob ich überhaupt jemals ohne Hilfe laufen und greifen könne, weil meine beiden Füße nach innen gedreht waren und auch andere Bewegungsabläufe nicht so waren wie sie sein sollten.  Besonders das Greifen nach Dingen musste erst mit mir geübt werden.

Es war eben alles ziemlich unkoordiniert bei mir.  Aus diesem Grund habe ich auch erst mit drei Jahren richtig zu laufen begonnen. Doch die vielen Mühen haben sich gelohnt! Meine Eltern sind heute stolz darauf, wie toll ich mich entwickelt habe. Heute habe ich nämlich eine tolle Figur, gerade Füße und überhaupt ist bei mir alles am richtigen Fleck, sagt Papa.  Mein Herz auch, sagt Mama.

Kindergarten
Mit vier Jahren hatte ich das Glück, dass meine Eltern auf der Suche nach einer vorschulischen Einrichtung auf einen Kindergarten aufmerksam gemacht wurden welcher der Waldorf-Pädagogik nahe steht.  Dort wurde ich aufgenommen und habe ich mich vom ersten Tag an zuhause gefühlt.  Die Erzieherinnen sind auch mit unendlich viel Liebe und Geduld mit den sehr unterschiedlichen Behinderungen ihrer Schützlinge umgegangen und ich habe in dieser Zeit sehr viel hinzugelernt.  Zum Ende der Kindergartenzeit habe ich dann auch endlich zusammenhängende, wenn auch kurze Sätze sprechen können. Meine Mama sagt, das liegt an den vielen, sich ständig wiederholenden, musischen Elementen, rhythmischen Singspielen und Reimen.  Meine Mama sagt immer, welch große Erleichterung es sei, sich sich mit einem behinderten Kind austauschen und VERSTÄNDIGEN kann. 

Mein erster Schultag
Meine Schultüte habe ich im Kindergarten selbst gebastelt

Meine Schule
Meine Schule heißt Karl-König-Schule und ist eine private, heilpädagogische Schule auf anthroposophischer Grundlage.  Meine Schule und benannt nach dem Wiener Arzt Karl König (1902-1966).  Der Unterricht wird auf der Grundlage des Lehrplans der Freien Waldorfschulen (Rudolf-Steiner-Schulen) erteilt, welcher die Fähigkeiten jeder Alters- und Entwicklungsstufe allseitig berücksichtigt.  Rudolf Steiner (1861-1925) war der Begründer der Anthroposophie und Waldorfschulen.

Die Karl-König-Schule Nürnberg

Ich fühle mich an meiner Schule so wohl, dass ich immer noch nach wenigen Ferientagen ungeduldig frage, wann denn endlich die Schule wieder begänne.  In meiner Klasse sind wir 8 Kinder mit einem Waldorflehrer, einer Erzieherin und zwei Klassenhelfern/Praktikanten.  Wir lernen, musizieren, basteln und essen gemeinsam und machen viele Ausflüge.  Kürzlich waren wir mit unseren Lehrern und Eltern im Planetarium, weil wir gerade über Planeten und Sternzeichen lernen.  Das war ein tolles Erlebnis.  Besonders gefallen mir die Schulfeste, die immer sehr feierlich begangen werden - die Feiern zu Michaeli, Johanni, das Adventsgärtlein oder um den Martinstag der abendliche, stimmungsvolle Laternenzug durch den nahen Wald, bei der immer auf einer Waldlichtung ein Kreis mit Fackeln abgesteckt wird und wir Sankt Martin erleben dürfen, wie er seinen Mantel teilt.  Später teilen alle Anwesenden von uns Kindern selbst gebackenes Brot und laufen wieder zum Ausgangspunkt zurück.  Ein ganz besonderes Erlebnis ist auch der Schulfasching, bei der Schüler, Lehrer und Klassenzimmer sich phantasievoll "verkleiden" und wo immer viel los ist.   

Einmal im Jahr machen wir mit unseren Lehrern und Klassenhelfern für mehrere Tage eine Klassenfahrt.  Darauf freue ich mich immer sehr.  Unsere Praktikanten machen auch immer viel Quatsch mit uns, wie man unten sieht. 

Herr Scharrer im Freibad

Meinen Klassenlehrer, Herrn Ziegener, habe ich seit der ersten Klasse und wir Kinder lieben und verehren ihn. Er engagiert sich auch sehr für seine Klasse, weit über das Übliche hinaus. Dafür lieben wir ihn aber auch besonders. Es ist bestimmt nicht einfach, so eine bunte Truppe, wie wir es sind, zusammenzuhalten. Ein paar meiner Klassenkameradinnen möchten ihn gerne heiraten, aber leider hat er schon eine Frau.

Behinderten-Fahrdienst
Seit 1993, seitdem ich die schulvorbereitende Einrichtung (Kindergarten) der Karl-König-Schule besuche, werde ich morgens um 7.30 Uhr vom Behindertenfahrdienst abgeholt und nach der Schule um 16 Uhr wieder heimgebracht.  Manche Kinder - jetzt Jugendliche - in meinem Bus kenne ich schon seit vielen Jahren.  Wir sind wie eine kleine Familie.  Meine Busfahrer und die jährlich wechselnden Zivis waren immer sehr nett zu uns.  Viele Zivis haben uns Königskinder übrigens so sehr in ihr Herz geschlossen, dass sie sich nach ihrem Dienst für einen heilpädagogischen Beruf entschieden und besuchen, wenn es ihnen möglich ist, unsere Schule immer wieder an Jahresfesten. Das gibt dann immer ein großes Hallo. 

Die Buskinder im ersten Kindergartenjahr
Zivis mit ihren Buskindern im Juli 1994 - damals war ich die Kleinste


Seit vier Jahren ist Anita meine Busbegleiterin.  Das heißt, sie begleitet die Schulkinder, die mit dem Behinderten-Fahrdienst zur Schule gefahren werden und nach der Schule wieder nachhause gebracht werden.   Denn der Busfahrer kann ja nicht auf alle Kinder aufpassen während der Fahrt.  Manche Kinder sind sehr unruhig und benötigen besondere Aufmerksamkeit.  Ich bin aber ein ruhiges und folgsames Bus- und Schulkind. Aber jetzt gehöre ich ja auch schon zu den "großen" Buskindern. Anita mag ich sehr und sie ist sehr nett, nicht nur weil sie heißt wie meine Mama.  Sie lädt ihre Buskinder sogar während der Ferienzeiten zu sich nach Hause, zu Ausflügen oder in den Tiergarten ein und solche Tage sind ein besonderes Erlebnis.  Einmal waren wir alle zusammen im Spielzeugmuseum und im Juli 2004 durfte sogar einmal bei ihr übernachten, weil meine Eltern einen Wochenendbesuch machten. Anitas Tochter Corinna ist auch sehr nett. Manchmal hilft sie im Bus aus, wenn ihre Mutter verhindert ist.  Corinna lernt Heilerzieherin und hat früher an meiner Schule ein Praktikum gemacht. Von meinen Behi-Busfahrern bekomme ich zu Weihnachten  immer ein kleines Geschenk, Anita schenkt mir oft eine liebevolle Kleinigkeit zwischendurch, ein Heft oder Poster, die sie für mich aufhebt. Da freue ich mich immer besonders.

Für meine Mama ist es eine große Erleichterung, dass ich den ganzen Tag in der Schule bin und dass ich mich dort wohl fühle, denn sie arbeitet ja für meinen Papa und sagte früher immer, ihr Tag müsste 48 Stunden haben, weil sie neben ihren Kindern und dem Geschäft auch noch abwechselnd alle meine Großeltern zu pflegen und versorgen hatte. 

Mein Tagesablauf
Meine Mama sagt, ich wäre trotz meiner Behinderung ihr pflegeleichtestes Kind. Sie ist sich allerdings nicht sicher, ob es an der Erziehung liegt oder daran, dass ich ein Mädchen bin.  Ich gehe nämlich immer bereitwillig ins Bett und schlafe, seit ich 7 Jahre alt bin, durch. Das, sagt meine Mama, sei ein großes Wunder und mache vieles wieder gut was meine Eltern an durchwachten Nächten mit mir mitgemacht haben. Jedenfalls wundern sich Freunde und Besucher immer, wie unkompliziert ich bin wenn es ums ins-Bett-bringen geht. Meine Eltern haben allerdings von Beginn an konsequent darauf geachtet, dass ich meine Ordnung habe.  Das war bestimmt eine gute Entscheidung.  Denn ein geregelter Tagesablauf und Rituale, die sich wiederholen, gaben und geben mir auch heute noch Sicherheit und Vertrauen. 

Meine Mama singt mir, seitdem ich ein Baby war, ein Gute-Nacht-Lied, und zwar immer "Guten Abend, gute Nacht".  Sie singt zwar immer die kurze Version, manchmal lassen wir es jetzt auch sein, schließlich werde ich auch älter.  Manchmal wischt sie sich sogar verstohlen eine Träne ab, weil ihr der Text so nahe geht.  Meine Mama ist nämlich etwas sentimental.   Wenn Mama und Papa ausgehen und meine Brüder mich einmal ins Bett bringen, singen sie mir dieses Lied auch.  Aber weil ich immer selbst singe, höre ich nicht genau, ob sie auch wirklich singen oder nur den Mund bewegen.  Denn, ehrlich gesagt, mein Papa und meine Brüder sind nicht besonders musikalisch.  Mein Papa singt immer so verkehrt, dass es mir lieber ist, wenn er nur an meinem Bett sitzt und mir zuhört oder leise in seinen Bart brummt. Wenn ich morgens wach bin und die anderen schlafen noch, singe ich manchmal vor mich hin oder ich singe für meine Puppen.  Ich kann mich überhaupt sehr gut alleine beschäftigen. Wenn meine Mama arbeiten muss, spiele ich mit meinen Puppen 'Schule' oder 'Büro'.  Oft bin ich so ins Spiel vertieft, dass ich meine Umgebung vergesse.

Eva mit ihrem Teddy
Links, das ist mein Lieblingskuscheltier. Ich nenne ihn Teddy, auch wenn er ein Affe ist.

Was ich alles schon gelernt habe?  Vieles... 
Als ich etwa 8 Jahre alt war kauften mir meine Eltern während eines Urlaubs in der Eifel Inliner und zwar aus dem Grund, weil meine Brüder ihre dabei hatten und ich unbedingt "auch fahren" wollte.  So haben meine Eltern mir diesen Wunsch eben erfüllt, allerdings mehr, damit sie ihre Ruhe hatten und nicht weil sie glaubten, dass ich mit diesen rollenden Dingern zurecht käme.  Da haben sie sich aber gewaltig getäuscht!  Ich bin das angegangen als hätte ich vorher nie etwas anderes getan als mich auf Rollen fortzubewegen.  Meine Mama hatte anfangs ja ziemlich Angst, dass ich mich durch einen Sturz verletzen könnte, denn ich bin - zugegeben- in meiner Reaktion manchmal ziemlich langsam.  Aber ich habe sie etwas Besseren belehrt.  Ich bin zwar vorsichtig, aber nie ängstlich gefahren.


Ach, wie lustig...

Das Wichtigste aber: ich habe Radfahren gelernt und darauf kann ich mit Recht stolz sein, weil niemand gedacht hätte, dass ich das jemals lernen würde, weil dazu viel Geschicklichkeit und Gleichgewichtsgefühl gehört.  Meine Eltern sind darüber sehr froh, denn aus dem Fahrradkindersitz war ich ja bald herausgewachsen und sie konnten lange keine Zeit keine Radtouren mehr mit mir unternehmen.  Zuerst bekam ich von meiner Patin einen stabilen Tretroller.   Das hat meinen Gleichgewichtssinn gefördert.  Irgendwann, ich war ja schon recht groß, übte ich dann auf einem kleinen Rad mit Stützrädern.  Mit dem Treten in die Pedale hatte ich lange Zeit Probleme, aber irgendwann hat es dann doch geklappt.  Die Freude und Erfahrung, durch eigenen Antrieb Rad fahren zu können, war für mich wahrscheinlich ebenso groß wie für meine Familie.  Jetzt fahre ich schon ein "Damenrad" und das so sicher im Verkehr als hätte ich nie etwas anderes getan.  Nur mit der Rücktrittbremse habe ich noch Probleme.  Aber es gibt ja eine Handbremse und ich passe schon auf, dass ich nicht zu Fall komme.

Erste Fahrübungen mit 5 Jahren
Los geht's!

Im Alter von knapp 7 Jahren

Seit meinem 13. Geburtstag kann ich jetzt schwimmen!  Richtig schwimmen.  Eine Wasserratte war ich schon immer.  Das liegt sicher daran, dass mein Papa fast jeden Sonntagmorgen mit uns Kindern ins Wellen- oder Hallenbad gefahren ist.  Das macht er oft, damit meine Mama ausschlafen kann, denn sie hat während der Woche ziemlich viel um die Ohren und muss oft abends noch arbeiten, wenn ich im Bett bin.  Jahrelang musste ich diese unbequemen Schwimmflügel umlegen.  Seitdem meine Mama im Urlaub zufällig mit mir das Tauchen geübt (Nase zu, Kopf unter Wasser) und ich später noch eine Schwimmbrille bekam, habe ich auch keine Angst mehr unterzugehen und den Boden unter meinen Füßen zu verlieren.  Denn ich habe gemerkt, dass Luftanhalten nicht nur Spaß macht, sondern dass es mit Schwimmbrille unter Wasser viele interessante Dinge zu entdecken gibt.  Ich finde es nämlich sehr lustig, die Beine der Leute im Wasser strampeln zu sehen und übe fleißig das Auf- und Abtauchen. Meiner Mama wird da manchmal ganz schummrig, denn sie - als Brillenträgerin - hat es nicht so mit dem Tauchen. Die lange Rutsche rutsche ich auch gerne hinunter, aber da brauche ich manchmal noch  jemanden zur Sicherheit hinter mir.  Am liebsten mag ich das Wellenbad.  Wir fuhren aber auch viele Jahre, immer in den Pfingstferien, mit unserem großen Zelt nach Italien an die Adria. Dort gibt es einen tollen Campingplatz (Union Lido) und ich bedauere manchmal, dass meine Mama das - wie sie sagt - "Zigeunerleben" mit Zelt satt hat.   Ich habe auch eine kleine Geldbörse und freue mich, wenn ich ein Eis von meinem Geld zahlen darf.  Ich stecke auch gerne Münzen in meine Sparbüchse und freue mich immer, wenn diese dann bei der Bank ausgeleert wird. Bei unserer Bank bekomme ich dann immer ein kleines Geschenk. Die haben dort echt ein Herz für Kinder, das ist nicht überall so.  Meine Mama gibt mir auch immer kleine, einfache Aufgaben und lobt mich, wenn ich die zuverlässig erledige.  Unsere Haustiere füttere ich auch, ganz selbständig. Meine Brüder merken sowieso nie, wenn die Futternäpfe leer sind. Ich hole oft die Post, bringe Briefe zum Briefkasten, der nicht weit von unserem Haus entfernt ist.  Das mache ich gerne.  Ich passe auch immer gut auf, wenn ich über die Straße gehe und kenne inzwischen auch die Ampelfarben. Beim Autofahren passe ich auch immer gut auf und erinnere meine Eltern, wenn sie an der Ampel losfahren können.  Ich habe eine sehr gute Orientierung, sagt meine Mama.  Ich kann mich sehr gut erinnern, wo ich schon überall war und erkenne das sofort auf Bildern oder beim Vorbeifahren.  Meiner Mama muss ich immer sagen, wann sie Abbiegen muss, wenn sie mit mir zum Arzt oder Einkaufen fährt.  Die würde nämlich glatt das Abbiegen vergessen und sagt mir immer, ich solle ihr bloß rechtzeitig sagen, damit sie sich richtig einordnet und das tue ich dann auch. Meine Eltern staunen immer, wie gut ich mich erinnere, wo Leute wohnen, die wir einmal besucht haben.  Auch im Haushalt bin ich sehr geschickt. Ich mache viel weniger kaputt als meine Brüder und überhaupt bin ich sehr umsichtig und zuverlässig, sagt meine Mama. Wenn ich etwas nicht kann, dann sage ich es und Mama hilft mir dann. 

Eva-Maria heute

Was ich (noch) nicht kann
Lesen, Schreiben, Rechnen fällt mir immer noch sehr schwer, denn bei mir ist ja das Sprachzentrum gestört.  Ich habe aber gelernt, meinen (zum Glück kurzen) Namen zu schreiben und kann diesen auch lesen, wenn er in Großbuchstaben geschrieben steht.  Ich kenne mittlerweile alle Buchstaben und meine Mama übt auch fleißig mit mir, aber trotzdem geht es einfach nicht richtig vorwärts.  Trotz vieler, vieler Übungen habe ich noch Probleme, Buchstaben zusammenzusetzen und Worte zu bilden.  Ich kann nur ganz einfache Worte schreiben und lesen, z.B. Mama, Papa, Oma, Opa.  Auch Rechnen fällt mir schwer.  Wenn meine Mama sagt, wir müssen den Tisch für 6 Personen decken, spreche ich meistens die Namen laut dazu, damit ich mich nicht verzähle.  Ich kann nur soweit rechnen wie meine Finger zählen, sagt Mama, aber wozu muss ich auch in Zehnerschritten rechnen können?  Wenn ich etwas mache, muss das vorhersehbar sein... unerwartete Probleme verunsichern mich und ich bleibe dann auf der Stelle stehen, fange zu weinen an und wirke irgendwie hilflos, weil ich nicht gut ausdrücken kann, warum ich traurig bin.  Manchmal weiß ich das wohl selbst nicht. Alleine können mich meine Eltern nicht lassen. Mama hat auch immer große Angst, dass sie mich mal in der Stadt, im Gewühl oder beim Einsteigen in einen Aufzug "verliert", weil ich bei unvorhersehbaren Situationen verschüchtert, ja hilflos dastände, weil  ich mich nicht verständig machen kann und immer die Sicherheit einer Begleitperson brauche. Wenigstens gerate ich nicht in Panik, wenn ich Mama beim Einkaufen doch einmal aus den Augen verliere, weil ich weiß, sie sucht und wir finden uns schon wieder. An diesem Vertrauen hat meine Mama intensiv und lange gearbeitet.

Was mir Angst macht
In Aufzüge oder Rolltreppen steige ich am liebsten, wenn mich jemand an der Hand nimmt. Meine Mama versucht zwar, mir die Angst vor Abwärts-Rolltreppen zu nehmen, aber da hilft auchkein gutes Zureden.  Meistens findet sich zum Glück ein Treppenhaus oder Aufzug, das wir benutzen können. Lange Zeit hatte ich auch Angst vor Sirenen aller Art.  Bis vor ein paar Jahren bin ich jedes Mal, wenn ich eine Sirene hörte, erschrocken stehen geblieben oder in Panik in irgendeine Richtung gelaufen und es bedurfte viel guten Zuredens, bis ich mich wieder beruhigte.   Mama führt das darauf zurück, dass es in unserem Ort einmal ein großes Feuer war.  Ich war damals noch klein und habe nachmittags gerade geschlafen als plötzlich ganz viele Feuerwehrautos, Polizeiautos und Krankenwagen durch unseren Ort gefahren sind. Der Sirenenlärm hat mich aufgeweckt und verschreckt. Und kaum, dass ich wieder beruhigt habe, kam schon wieder so ein Auto.  Das ging damals über mehrere Stunden und seitdem bin ich bei jedem kleinen Geräusch aufgewacht und habe fürchterlich geschrieen.  Meine Mama sagte, ich hätte ein richtiges Sirenen-Trauma gehabt.  Heute hat sich das gelegt, aber wenn ich Sirenen höre, bin ich trotzdem noch ein bisschen unsicher.  Da bin ich dann ganz froh, wenn jemand bei mir ist.  Überhaupt war ich früher sehr geräuschempfindlich.  Meine Mama sagt, bei mir wären sie alle mit Zehenspitzen durchs Haus gelaufen, wenn ich geschlafen hätte.  Weil ich so wenig geschlafen habe und beim kleinsten Geräusch schon wieder wach war.  Damals muss ich sehr anstrengend gewesen sein.  Heute stört es mich nicht mehr, wenn meine Eltern oder Brüder Besuch haben und es im Haus noch laut ist, wenn ich schon Bett liege oder schlafe.
Vor Gewitter, Sturm und nächtlichem Regen fürchte ich mich auch.  Bei Gewitter beruhigt mich mein Papa immer am Besten, denn vor Gewittern hat auch meine Mama großen Respekt, auch wenn sie versucht, es sich vor mir nicht anmerken zu lassen.  Neben meiner Mama hat nämlich einmal ein Blitz eingeschlagen.  Vor uns Kindern versucht sie zwar immer, sich nichts anmerken zu lassen, aber ich glaube, sie war immer recht froh, wenn bei Gewittern Papa oder ein anderer Erwachsener in der Nähe war und sich um uns Kinder gekümmert hat. Vor Silvesterknallern habe ich auch Angst.  Aus diesem Grund lassen mich meine Eltern an Silvester auch nicht alleine, und einer von ihnen ist immer bei mir, weil ich immer weine, wenn ich Angst habe und brauche dann viel Zuwendung, bis ich mich beruhige. Mama meint, ich hätte dieselben empfindlichen Ohren wie Leo, unser Hund. Dem sind laute Geräusche, Gewitter und Silvesterknaller nämlich auch nicht geheuer. 

Meine Mama sagt, dass ich ihr im Haushalt eine große Hilfe bin.  Ich bin nämlich ein sehr ordentlicher Mensch.  In meiner Schule habe ich das auch gelernt - dort müssen wir immer alles schön aufräumen und alles hat seinen Platz.  Wenn ich zuhause bin, helfe ich meiner Mama oft, in der Küche, beim Tischdecken oder Abräumen, räume die Spülmaschine aus oder lege Wäsche zusammen.  Wie man Servietten faltet hat mir meine Mama auch gezeigt und sie sagt, ich mache das jetzt viel schöner als sie.  Besonders gern gehe ich mit meinen Eltern einkaufen.  Dort darf ich immer die Einkaufwagen holen und zurückbringen, denn ich weiß jetzt auch, wie man die Münzen dort hineinsteckt.  Mama sagt immer, sie hat gar nicht so viel Geld, dass sie mit mir so oft zum Einkaufen fahren kann wie ich es möchte.  Meine Mama sagt jedenfalls, wenn ich still bin, mache ich etwas Sinnvolles, während meine Brüder immer irgendeinen Unfug getrieben haben wenn es in ihren Zimmern mal längere Zeit ruhig war.  Sie schimpft zwar immer mit mir, wenn ich meinen Brüdern hinterher räume oder sogar ihre Betten mache, aber ich mache das ja freiwillig und gerne.  Meine Mama sagt aber, die sollten ihren Dreck selber aufräumen lernen und wir müssten die Schlamperei nicht noch unterstützen. Wahrscheinlich hat sie recht. Ich habe jetzt auch gelernt, manchmal "nein" zu sagen oder "mach selber", wenn meine Brüder zu faul sind, etwas selbst zu tun oder holen.  Meine Mama ist sogar froh, wenn ich sage "ich habe keine Lust", denn das zeigt ihr, dass ich selbstbewusster werde und sie sagt, das brauche ich für meine Entwicklung. Sie hat schon recht. Ich bin ja kein Hund, der aufs Wort gehorchen muss.

Von meinen "unruhigen Zeiten" merkt man mir heute nichts mehr an.  Im Gegenteil: Ich bin heute ziemlich schüchtern, vor allem Leuten gegenüber, die ich nicht gut kenne oder in Situationen, die mir fremd sind. Ich dränge mich nun mal nicht gerne in den Vordergrund. In meiner Klasse gehöre ich immer noch zu den Stillen, obwohl meine Lehrer mich immer wieder ermuntern und ermutigen.

Zuhause und in vertrauter Umgebung hingegen bin ich recht redselig. Wenn bei uns Leute anrufen, denken sie wir hätten Besuch weil ich oft laut mit meinen Puppen rede.  Meine Mama ist als Kind auch so ruhig gewesen.  Mama nerve ich zwar manchmal, weil ich ständig dasselbe sage oder sehr naiv frage, doch sie antwortet trotzdem immer geduldig.

Auch wenn es manchmal Verständigungsschwierigkeiten gibt, so kann ich doch gut umschreiben, was ich meine.   Dann lachen wir beide und sind immer sehr erleichtert.  Überhaupt kann wer mich länger kennt, gut verstehen.  Dennoch begreife ich einfache, kurze Sätze und Erklärungen besser als komplizierte, wie man es von einem gesunden Kind in meinem Alter erwarten würde.  Meine Mama sagt, die Gespräche mit mir wären bei aller Liebe schon sehr einseitig.  Da sie wegen mir und ihrer Arbeit für für die Firma meines Papas leider sehr an das Haus gebunden ist, ist die Möglichkeit, im Internet mit Gleichgesinnten Erfahrungen auszutauschen, für sie eine willkommene Abwechslung.  Wahrscheinlich sitzt sie auch jetzt wieder, während ich schlafe, am Computer, schreibt, sucht Informationen im weltweiten Web oder arbeitet an ihrer Internetseite.

Ich dachte einmal, Evas Geschichte wäre hier zu Ende,
jedoch sie geht weiter - vieles hat sich geändert