Textstreusel und andere kluge Worte
Dieses
Gedicht sandte mir mein lieber Freund Hartmut alias Buchstapler :-)
Bücher, süße Reben
Ein harmloses Tierchen
Kunst und anderes
Schweigt vom Lesen!Für
eine Subspezies der Bücherfreunde - die nicht Bildungsbeflissenen, die
Lust betonten - ist das Lesen keine Fleißarbeit, sondern augesuchtester
Müßiggang. Eine eskapistische, intime Lust, so einzigartig, dass sie sich
mit niemandem teilen lässt. Schon darüber zu sprechen, fällt schwer.
Freunden von der Buchlust zu erzählen, von dieser Mischung aus Fülle und
Verlorenheit, die einen beim Lesen ereilt, von der Trauer, wenn ein Buch
beendet ist, und von der Gier, ein neues zu beginnen, ist eigentlich
unmöglich. Lasst uns nicht vom Lesen sprechen! Diese Leidenschaft bedarf
keiner Wörter. Wer sie nicht kennt, wird sie eines Tages für sich
entdecken. Und dankbar sein für jedes Buch, das ihm nicht bis dahin durch
die Qual der Schullektüre oder die Empfehlung eines Langeweilers verdorben
worden ist. Eltern, lasst euch beim lustvollen Lesen erwischen, statt
euren Kindern die Bedeutung des Lesens für die Karriere zu predigen! Lasst
uns am Welttag des Buches schweigen vom Lesen. Literatur lässt sich nur im
Stillen entdecken. Wir rufen an diesem Tag, an dem soviele Reden gehalten
werden, inmitten dieses Rummels, zu einer Schweigeminute für das Buch auf.
Oder nehmen Sie ein gutes Buch zur Hand - und verwandeln Sie eine Minute
in einen ganzen Nachmittag. Bringen Sie die Welt zum Stillstand.
Der schreibende Freund
"Einer meiner Freunde, ein Journalist, hat immer behauptet, daß ich an
Verfolgungswahn leide. Jetzt hat er einen Roman geschrieben, der von einem
bedeutenden Verleger veröffentlicht wird. 'Armer Junge', sagte ich zu ihm.
'Du warst ein glücklicher, zufriedener Mensch, solange du dich als
Kritiker betätigt hast. Warum bist du ins andere Lager übergelaufen?'
Jetzt ist es aus mit dem schönen Leben meines Freundes. In einigen Wochen,
nach Erreichen des vierzehnten Platzes auf der Bestsellerliste, wird er
völlig am Ende sein. Ein Nervenbündel inmitten all der anderen
schreibenden Neurotiker. Und in spätestens einem Jahr werde ich mit ihm
über seinen Verfolgungswahn sprechen." "Woher wissen Sie, daß sein Roman
nicht durchfällt?" "Ich sagte ja, du würdest mich nicht verstehen. Wenn
sein Buch ein Flop wird, wäre mein Freund gerettet. Nach einer Weile hätte
er das Ganze vergessen und könnte so arrogant sein wie vorher. Gefährlich
wird es, wenn sein Buch ein Erfolg wird. Dann muß er einen zweiten Roman
schreiben. Gott steh ihm bei.
Weg des SchriftstellersDer
Weg des Schriftstellers zu seinem Buch beginnt zwar tatsächlich am
Schreibtisch, doch irgendwann wird er zum Spießrutenlauf, an dem eine
Menge freundlicher Vampire teilnehmen: Verleger mit ihren bebrillten
Sekretärinnen, besessene Korrekturleser, überforderte Herstellungsleiter, literaturbeflissene Lektorinnen, arbeitslose Graphiker, neue Redakteure
und alte Drucker, die zwei Buchhalter in der dritten Etage, die
provisorisch vakante Lizenzabteilung, schläfrige Buchbinder, die Lehrlinge
aus der Presseabteilung, die PR-Mafia, der Rundfunk und das Fernsehen,
Buchmessen, Signierstunden und als Epilog das Protestschreiben des Malers
Ronald Lloyd Bialazurkowich gegen unerlaubten Gebrauch seines Namens auf
Seite 22 dieses Buches sowie die Delegation der Klassenbesten der 2b, die
um ein Interview für die Grundschulzeitung bitten.
"Mich drängt′s, den
Grundtext aufzuschlagen, Johann Wolfgang von Goethe: Faust – Der Tragödie erster Teil
Lesen ist das
verstehende Aufnehmen schriftlich fixierter Sprachfügungen, wobei
zusammenhängende Symbolgestalten erfasst und Denkvorgänge von fremden
Menschen nachvollzogen und kritisch durchdacht werden
Lesen ist jener
komplexe, vielschichtige Vorgang der Entschlüsselung (aufnehmen, erfassen,
wieder erkennen, aussprechen) von schriftlich fixierten Zeichen
(Symbolgestalten) zum Zwecke der denkenden Verarbeitung, der
Interpretation und der kritischen Auseinandersetzung mit einer Information
(dem Inhalt eines Textes).
Es gibt eine
gewisse Art von Büchern, und wir haben in Deutschland eine große Menge,
die nicht vom Lesen abschrecken, nicht plötzlich einschläfern, oder
mürrisch machen, aber in Zeit von einer Stunde den Geist in eine gewisse
Mattigkeit versetzen, die zu allen Zeiten einige Ähnlichkeit mit
derjenigen hat, die man einige Stunden vor einem Gewitter verspürt. Legt
man das Buch weg, so fühlt man sich zu nichts aufgelegt, fängt man an zu
schreiben, so schreibt man eben so, selbst gute Schriften scheinen diese
laue Geschmacklosigkeit anzunehmen, wenn man sie zu lesen anfängt. Ich
weiß aus eigener Erfahrung, daß gegen diesen traurigen Zustand nichts
geschwinder hilft als eine Tasse Kaffee mit einer Pfeife Varinas. |