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Hunderttausendfach
kopiert, weitergereicht von Hand zu Hand. Auf Postern und Karten
abgedruckt, erreicht ein Text die Herzen unzähliger Menschen. Zunächst
nur in den USA, doch bald in der englischsprachigen Weit bekannt,
finden die DESIDERATA seit ein paar Jahren auch in Übersetzungen
auf der ganzen Welt immer mehr Liebhaber.
Was hat es mit
diesem Text auf sich? Warum berührt dieser Text, dessen Herkunft
mit der Old Saint Paul’s Church in Baltimore und dem Jahr 1692
verbunden wird, so viele Menschen? Es ist eine bezaubernd schöne,
treffende Lebensregel. Jeder, der den Text zum ersten Mal liest,
hat ein Aha-Erlebnis, er fühlt sich sofort von ihm angesprochen
und möchte ihm einen Platz in seinem Leben geben: Mit seiner
schlichten Klarheit spricht er tiefe Wahrheiten gelassen aus. Man
hat das Gefühl, wenn man nur einen Bruchteil beherzigte, würde
das eigene Leben gelingen, würde man ein glücklicher Mensch
werden.
Natürlich sind
die DESIDERATA nicht 300 Jahre alt, und der Text braucht dieses
Alter auch nicht, um seine Autorität zu gewinnen, da ihn jeder
unmittelbar als wahr erkennen kann. Ein Missverständnis führte
zu dieser Datierung. Das Gedicht stammt aus der Feder des
Amerikaners Max Ehrmann (1872-1945): ein Enkel deutscher
Auswanderer, ein Jurist, der nach dem Studium von Philosophie und
Jura an der Harvard School of Philosophy lieber Dichter geworden wäre,
doch sich als Anwalt seinen Lebensunterhalt verdienen musste. Drei
Jahre nach seinem Tod wurde unter dem Titel „The Poems of Max
Ehrmann“ ein Gedichtband verlegt, in dem auch die DESIDERATA
veröffentlicht wurden.
Seine Berühmtheit
erhielten die DESIDERATA auf Umwegen: Frederic W. Kates, zwischen
1956 und 1961 Rektor der St. Paul’s Kirche in Baltimore, machte
es sich zur Angewohnheit, Texte, die ihm besonders viel
bedeuteten, nicht nur für sich in Anthologien zu sammeln, sondern
diese auch al sonntäglich vervielfältigt in den Kirchenbänken für
seine Gottesdienstbesucher auszulegen. So auch Max Ehrmanns 1927
verfassten DESIDERATA. Rektor Kates druckte das Gedicht auf dem
Briefpapier seiner Kirche: „Old Saint Paul’s Church,
Baltimore, founded 1692“, was zum Missverständnis bezüglich
der Herkunft und des Alters des Textes bis auf den heutigen Tag führte.
Einem oder mehreren Gemeindemitgliedern muss das denkwürdige
Gedicht so gut gefallen haben, dass sie es ihrerseits vervielfältigten
und weitergaben. Im Schneeballprinzip erreichte der Text ungeheure
Verbreitung und findet auch heute noch seinen Weg in die Herzen
der Menschen. |
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