Das Gute Kind


Nimm dieses Geldstück, Röschen
und gehe in die Stadt
und kaufe dir was Süsses
der Zuckerbäcker hat.

Die Kleine nahms und küsste
die Mutter noch zum Lohn,
sang selig wie ein Engel
und hüpfte froh davon.

Bald kehrt das Kind zurücke,
naht zögernd ihr und spricht
ich kaufte nichts o Mutter
ach, bitte zürne nicht.

Dort unten vor dem Tore
da saß ein alter Greis
es wehten seine Locken
im Winde silberweiss.

Er bat um Brot, der Arme,
ihn hungerte gar sehr
und mancher ging vorüber
so kalt und mitleidsleer.

Da drückte ich mein Geldstück
ihm heimlich in die Hand
und eine Träne rollte
mir dankend in den Sand.

Sie schwieg, die Mutter weinte
und blickte himmelwärts
und zog in heiliger Liebe
das gute Kind ans Herz.

Johann Jakob Vogel von Glarus
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