Gedichte ~ Kinder  


Hab Achtung vor dem Menschenbild,
und denke, dass wie auch verborgen,
darin für irgendeinen Morgen
der Keim zu allem Höchsten schwillt!

Hab Achtung vor dem Menschenbild,
und denke, dass, wie tief er steckte,
ein Hauch des Lebens, der ihn weckte,
vielleicht aus deiner Seele quillt!

Hab Achtung vor dem Menschenbild,
die Ewigkeit hat eine Stunde,
wo jegliches dir eine Wunde
und, wenn nicht die, ein Sehnen stillt!

Friedrich Hebbel

 

 

Und als das Kind geboren war,
sie mussten der Mutter es zeigen;
da ward ihr Auge voll Tränen so klar,
es strahlte so wonnig, so eigen.

Gern litt ich und werde, mein süßen Licht,
viel Schmerzen um dich noch erleben,
Ach! Lebt von Schmerzen die Liebe nicht,
und nicht von Liebe das Leben?

Adelbert von Chamisso

 

 

Vier Füße, groß bis mittelklein, gingen lange Zeit allein.
Jetzt gehen bald auf Schritt und Tritt zwei winzig kleine Füße mit.

 

 

Was eine Kinderseele aus
jedem Blick verspricht!
So reich ist doch an Hoffnung
ein ganzer Frühling nicht.

Heinrich Hoffmann von Fallersleben

 

 

Lasst mir die jungen Leute nur
und ergötzt euch an ihren Gaben !
Es will doch Großmama Natur
manchmal einen närrischen Einfall haben.

Johann Wolfgang von Goethe

 

 

Wenn du dir vertrauen kannst, während alle an dir zweifeln,
wenn du belogen wirst und nicht zur Lüge greifst.
Wenn du träumen kannst, ohne abzuheben,
wenn du durchhältst, weil dein Wille sagt: "Halte durch!"
Wenn dich weder Feind noch Freund verletzen kann,
gehört dir die Erde und du wirst ein Mann sein, mein Sohn!

Rudyard Kipling

 

 

Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,
Die Sonne stand zum Grusse der Planeten,
Bist alsobald und fort und fort gediehen,
Nach dem Gesetz, wonach du angetreten.
So musst du sein, dir kannst du nicht entfliehen,
So sagten schon Sibyllen, so Propheten;
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
Geprägte Form, die lebend sich entwickelt.

Johann Wolfgang von Goethe

 

Zur Geburt

Ihm
ruhen noch im Zeitenschoße
die schwarzen und die heitern Lose.
Der Mutterliebe zarte Sorgen
bewachen seinen goldnen Morgen.

Friedrich von Schiller

 

 

Es ist ein Wunder,
sagt das Herz.
Es ist eine große Verantwortung,
sagt die Vorsicht,
Es ist sehr viel Sorge,
sagt die Angst.
Es ist ein Geschenk Gottes,
sagt der Glaube.
Es ist unser größtes Glück,
sagt die Liebe.
Es ist unser Sohn / unsere Tochter
....sagen wir.

 

 

Willkommen

Willkommen, kleiner Mensch im Leben
dein Platz bei uns ist längst bereit,
um dir Geborgenheit zu geben
und Heimat für die Erdenzeit

Lang war der Weg zur frohen Kunde
lang wird das Warten, wenn man liebt.
die Sorge wuchs mit jeder Stunde,
ob nichts den Schritt ins Leben trübt.

Wie schön du bist, gesund und kräftig,
so winzig, doch voll Energie,
erschreist dir deine Rechte heftig.
ich lerne deine Sprache früh.

Du nimmst mit deinen kleinen Händen
Kontakt zum Umfeld auf und willst
im Schlaf dein Lächeln allen senden,
die du mit Dank und Stolz erfüllst.

Laß mein Versprechen dich begleiten.
es gilt, bis meine Kraft zerbricht.
in guten und in schlechten Zeiten
wird mir dein Wohl zur ersten Pflicht.

Ich will dich tragen, will dich halten,
solange dir mein Arm genügt,
bunt deinen Lebenstraum gestalten,
soweit's in meinen Kräften liegt.

Ich will dich lehren, aufrecht zu gehen,
aufrecht zu denken lebenslang.
ich will dich lehren aufzustehen,
wenn ein zu großer Schritt mißlang.

Du mußt erst lernen, Fuß zu fassen,
dann kannst du eig'ne Wege gehen.
ich muß erst lernen loszulassen,
nicht hinderlich im Wege stehn.

Nicht fesseln will ich, nur umsorgen,
was mir vom Schöpfer anvertraut.
schlaf' nun getrost bis in den Morgen,
der auf ein neues Wunder schaut.

Gisela Palm

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