"Das große Rasenstück"
gemalt von dem Nürnberger Maler Albrecht Dürer im Jahr 1503
 

Zugegeben, den Hobbygärtner überkommt ein leichtes Grauen beim Anblick des dicken, fetten Unkrauts, das sich da in Albrecht Dürers bekanntem Bild "Das Große Rasenstück" tummelt.  Denn sowohl der opulente Breitwegerich wie der gerade verblühte Löwenzahn sind keineswegs gern gesehene Gäste in städtischen Vorgärten oder im wohl gehüteten Rasengeviert. Das Gänseblümchen mag dagegen gerade noch durchgehen, als einer der ersten Frühjahrsboten, "Liebesorakel" und Sträußchenlieferant für Mamis Lieblinge.

 


Dürers Maienwiese mit Löwenzahn, Schafgarbe, Bibernelle, Wiesenrispengras,
Gänseblümchen und Breitwegerich


Mit Aquarell- und Deckfarben bannte Albrecht Dürer mit Pinsel und Feder en kleines Stück Wiese mit allerlei Gräsern (Rispen-, Knäuel, Straßengras) und Kräutern auf das Papier.  Die Jahreszahl 1503 versteckte er - kaum lesbar - im dunklen Erdreich am unteren rechten Bildrand.  War es schon ungewöhnlich, einen Feldhasen abzubilden, so ist die Darstellung des Rasenstückes für den Beginn des 16. Jahrhunderts geradezu revolutionär.  Es gibt am Beginn der Neuzeit für solch eine alltägliche Naturdarstellung keine Vorläufer oder Parallelen.  Linien, Pfingstrosen, Maiglöckchen, Narzisse oder Iris waren dagegen beliebte Sujets der damaligen Malerei.  Dienten sie doch häufig als adäquate Begleiter für die Gottesmutter Maria und andere heilige Frauen. 

Das Aquarell ist ein Wunder von botanischer Genauigkeit", schwärmte der Kunsthistoriker Moritz Thausing Verfasser einer Dürer-Monographie, Ende des 19. Jahrhunderts.  Wohl wahr, denn Albrecht Dürer war wie viele seiner Künstlerfreunde auch Wissenschaftler, interessiert an Details und der sorgsam studierten Wirklichkeit.

Botaniker fanden heraus, dass Dürer eine für Franken typische Pflanzengemeinschaft gemalt hat, wie sie hierzulande noch an Wiesenrändern vorkommt.  Entstanden ist das Bild nach der Blütezeit der dargestellten Pflanzen im Wonnemonat Mai.

Ob Albrecht Dürer das Rasenstück in seinem Gärtlein oder auf einem Spaziergang fand, wissen wir nicht.  Unbekannt auch, ob er es aus dem Gedächtnis malte, ob er es "vor Ort" portraitierte.  Die Heilkraft der Kräuter dürfte ihm sicher bekannt gewesen sein.